Exegetischer Workshop zu Ex 34,29-35 (Letzter Sonntag nach Epiphanias 2022)

online: Di, 25.1.2022, 10.00-11.30 Uhr

Moses‘ Gesicht glänzt vom Sprechen mit Gott über die Weisungen zum Leben. In diesem exegetischen Workshop zum Predigttext am letzten Sonntag nach Epiphanias (30.1.2022) können Sie zuschauen, wie der Text übersetzt wird und Ihre Fragen stellen und erhalten einen theologischen Impuls, um erste Predigtideen mitzunehmen. Der Workshop ist kostenfrei, es gibt keine Teilnehmendenbeschränkung. Bitte melden Sie sich über das unten stehende Formular an, dann erhalten Sie am Tag vor dem Seminar den Link zum Zoom-Raum.

Hier können Sie eine auf den hebräischen Text transparente Arbeitsübersetzung mit der unten stehenden Predigtmeditation als pdf herunterladen.

Leitung: PD Dr. Detlef Dieckmann, Dr. Christina Costanza

Unverhüllte Herrlichkeit

Gottes Glanz auf Moses‘ Gesicht

Als Mose nach dem Desaster mit dem goldenen Kalb die zweite Auflage der „zehn Worte“ (Ex 34,28) vom Sinai herabbringt, so erzählt Predigttext in V.29, da gab es etwas an ihm, was Aaron und das ganze Volk in Angst versetzte: Entweder hatte Mose plötzlich Hörner wie das goldene Kalb, gemäß der Vulgata, die die Konsonanten qrn als qärän/Horn liest. Erheblich wahrscheinlicher ist aber, dass „die Haut seines Gesichts strahlte (qaran)“, wie es die Masoreten verstanden haben, und zwar: „vom Reden mit ihm“. Ob Gott mit Mose geredet hat oder Mose mit Gott, lässt diese Formulierung offen. Vielleicht war das Miteinander in diesem Gespräch derart intensiv, diese Begegnung derart gleichberechtigt, dass gar nicht mehr zu sagen war, wer wen angeredet hatte.

Mose als glänzender Tora-Lehrer

Mose bemerkte zunächst das Strahlen gar nicht, das das Gottes-Gespräch auf seinem Gesicht hinterlassen hatte. LXX übersetzt dieses Strahlen (qaran) mit dem Verb doxazein und stellt damit eine Verbindung zu Gottes Herrlichkeit her (hebr. kavod, gr. doxa, vgl. 33,18). Mose sah aber, dass Aaron und alle Kinder Israels sich scheuten, zu ihm zu kommen, wenn sie nicht gar wegliefen (V.30). Also rief er hinter ihnen her, bis sich schon mal „Aaron und alle Oberhäupter der Gemeinde“ zurücktrauten – und er redete mit ihnen (V.31). Offenbar mit Erfolg, denn nun kamen trotz des Strahlens auch alle anderen Kinder Israels zurück, sozusagen die ganze Gemeinde. Daraufhin „trug ihnen alles auf, was Adonaj zu ihm auf dem Berg geredet hatte“: die zehn Gebote und alles, was Gott möglicherweise auf Moses‘ Nachfragen geantwortet hat, alles, was Gott erläutert hat, „alles“! (V.32) Als Mose seine Rede beendet hatte, legte er, für die Zeit, in der er „nicht im Dienst“[1] war, eine Decke oder einen Schleier auf sein Gesicht (V.33). Will er darunter den Widerglanz der Worte Gottes bewahren (vgl. Dohmen, 374)? Will er deutlich machen, dass diese Ausstrahlung nicht zu ihm, sondern zu seiner Funktion gehört, die Worte Gottes zu vermitteln?

Ein unentwegter Vermittlungsprozess

Die letzten beiden Verse deuten eine Endlosschleife an: Mose legt den Schleier wieder ab; er geht „hinein vor das Gesicht Adonajs“ (vgl. 33,11), so heißt es wörtlich, womit auf den Besuch in dem späteren Heiligtum hingedeutet wird;[2] dann redet Gott mit ihm bzw. er mit Gott (s. V.29); Mose geht hinaus; redet wieder zu den Kindern Israels, „was ihm aufgetragen war“ (V.34); dabei sahen die Kinder Israels abermals das Strahlen seines Gesichts: „Moses strahlt […] die Würde des Gesetzes aus, d.i. die Erhabenheit des göttlichen Gesetzgebers auf der ersten Tafel und die gebotene Unantastbarkeit des Nächsten – seines Lebens, seiner Familie, seines Körpers, seines Rufes und seines Besitzes – auf der zweiten Tafel.“[3] Sein Gesicht leuchtet von Gottes Worten, vom Sprechen mit Gott.

Jedes Mal, wenn Mose seine Lehre beendet hatte, legte er den Schleier wieder über sein Gesicht, bis er zu Gott hineinging und die beiden miteinander redeten (V.35) – hier endet der Abschnitt und man könnte hinzufügen: usw. usf. Offenbar muss Mose immer wieder zu Gott auf den Berg steigen, mit ihm sprechen und dies dann den Israelit:innen vermitteln. Es gibt viel zu klären und viel weiterzugeben. Immer wieder strahlt Moses‘ Gesicht von dem glühenden Gespräch mit dem Gott, der diese Gebote gibt, der sich nach dem Sündenfall viel Mühe macht, seinem Volk durch Mose auszurichten, wie es nach dem Auszug aus Ägypten die Freiheit bewahren kann. Und immer wieder legt Mose seinen Schleier auf das Gesicht, wenn er gerade nicht der glühende Gottesvermittler sein will oder kann. Das Hebräische wechselt an in den letzten beiden Versen ins Präsens, also wollte der Text andeuten: So geht es bis zum heutigen Tag.

Die Decke ist abgetan

Wohlgemerkt: Redet Mose mit Gott oder mit seinem Volk, dann ist sein Gesicht „unverhüllt und unverdeckt“[4]. Anders als Paulus in 2. Kor 3,13 meint, war die ‚Decke des Mose‘ in Ex 34 „schon ‚abgetan‘“[5], als Mose den Israelit:innen die Weisungen Gottes für ein gutes Leben ausgerichtet hat.

Anmerkungen

[1] Töllner, Axel: Letzter Sonntag nach Epiphanias: Ex 34,29-35. In: Studium in Israel e.V. (Hg.): Predigtmeditationen im christlich-jüdischen Kontext. Zur Perikopenreihe IV,, S. 101–106, 104.

[2] Dohmen, Christoph: Exodus 19–40, Stuttgart 22012, 374.

[3] Krochmalnik, Daniel, Ex 34, 29–34: Achtung fürs Gesetz. In: Studium in Israel e.V. (Hg.): Predigtmeditationen im christlich-jüdischen Kontext. Zur Perikopenreihe IV,, S. iii–vi, iv.

[4] Deeg, Alexander / Schüle, Andreas: Die neuen alttestamentlichen Perikopentexte, Exegetische und homiletisch-liturgische Zugänge, 31.

[5] Töllner, 104, vgl. auch Krochmalnik, iii-iv.

(Detlef Dieckmann)

(Bild oben: Foto: Pitsch / Pixabay)

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