600. Studienkurs: Di., 8.3.22, 18 Uhr bis Do., 17.3.22, 9 Uhr

Theologie des Segens

Mit Bewegung

In diesem Studienkurs bearbeiten wir biblische Texte wie Gen 12 und Num 6 exegetisch und studieren verschiedene segens-theologische Ansätze auch im Hinblick auf die Kasualpraxis. Dazu sprechen wir auch mit den Pfarrer:inne:n in der Münchner Segen.Servicestelle. Dem Körper gönnen wir Bewegung durch Feldenkrais und Nordic Walking. Am Sonntag besuchen wir die Alte Pinakothek oder die Pinakothek der Moderne zu einer Kunstführung zum Thema.

„Manchmal komme ich nur zum Gottesdienst, um am Ende mit dem Segen Hause gehen zu können. Wie ein warmer Mantel umhüllen und beschützen mich die Worte vom leuchtenden Angesicht Gottes außerhalb der Kirchenmauern. Und in der letzten Zeit kommt es schon einmal vor, dass ich meinen Enkelkindern einen Segenswunsch mit auf den Schulweg gebe oder über dem frischen Brot ein Segensgebet spreche, bevor es ich es anschneide …“, so zitiert die Berner systematische Theologin Magdelene Frettlöh ein Gemeindeglied in ihrer „Theologie des Segens“ (Gütersloh, 5. Aufl. 2005, S. 11).

Segen geht letztlich von Gott aus: In der Bibel segnet Gott zunächst die Tiere (Gen 1,22), dann die Menschen (1,28) und schließlich den Ruhetag, den er zugleich heiligt (2,3). Für die Menschen heißt das: Segen wird empfangen, vielleicht unerwartet gnadenhaft und eindeutig heilvoll, vielleicht schwer errungen und folgenreich wie am Jabbok vom fortan hinkenden Jakob (Gen 32). „Ich werde dich segnen… Werde du ein Segen!“ (Gen 12,2) – Segen kann Menschen wie Abraham zugesprochen werden, aber auch zum Anspruch werden. Segen bedeutet seit alttestamentlicher Zeit für Menschen, die in sich in Sphäre Gottes glauben, Wohlergehen, irdisches Glück wie Fruchtbarkeit und Mehrung, wie Erntesegen und Reichtum. Segen hat also einen transzendenten Ursprung, zeigt sich aber immanent, zeitlich, z.T. auch körperlich: „Heile, heile, Segen.“

Die Gegenmöglichkeit und Gegenkraft zum Segen ist nicht nur im Alten, sondern auch im Neuen Testament der Fluch, über den die Theologie nicht gern spricht. Menschen wünschen sich von Gott und Gott sagt Menschen zu, den Fluch und die Geringschätzung oder Verachtung von anderen Menschen abzuwehren – auch das ist eine Form des Segens. Dabei kann Gott sogar Fluch in Segen verwandeln, heißt es bei Paulus: Jesus sei zum Fluch geworden, damit der Segen zu allen Menschen komme (Gal 3,13-14).

„Wir brauchen Segensformeln und Segensgesten, die uns unsere Passivität lassen. Man möchte sich fallen lassen in die Bilder. Man möchte sich einschmiegen in die wiegende Bewegung der Formel. Ich möchte […] nicht denken, nicht an dieser Stelle. Ich brauche eine Geste und ein Wort, das ich kenne; das sich schon so oft wiederholt hat und das mir nicht die Mühe der Bewusstheit abverlangt. Ich brauche einen Raum, in dem ich empfangen, annehmen und versinken kann“ (Fulbert Steffensky). Segen wird empfangen und ist darin Grundgeste eines Glaubens, der absieht von sich selbst, der seine eigenen Möglichkeiten und Begrenzungen loslässt und sein Vertrauen auf Gott setzt. „Segen kann gedeihen, wo wir alles teilen“ – Segen kann gleichzeitig eine soziale Dimension gewinnen. In Abraham sollen alle Völker gesegnet werden oder sich segnen (Gen 12,3), d.h., auch Menschen können einander zum Segen werden, können Segen weitergeben. Segen verbindet die sog. Weltreligionen Judentum, Christentum, Islam und Buddhismus miteinander.

Es gibt den priesterlichen Segen (wie in Num 6), und gleichzeitig braucht es keine Ordination und keine kirchliche Beauftragung zum Segen, weil in biblisch-theologischer Perspektive alle Menschen gesegnet sind und offenbar deswegen auch segnen können und sollen. Segen kann reziprok sein, nicht nur, weil Menschen einander segnen, sondern auch, weil nach der hebräischen Bibel Menschen etwa aufgefordert werden: „Segne, meine Kehle, Adonaj!“ (Ps 103,1). Segen braucht Menschen, braucht Körper und Worte oder Gesten, braucht einen Moment des Innehaltens. Im Segen können Gott und Mensch zusammenwirken. Segen kann in einem heiligen Raum geschehen oder im alltäglichen Leben aufscheinen.

Eine besondere Bedeutung gewinnt der Segen an Übergängen des Lebens. Die „Segen.Servicestelle“ in München oder das „Segensbüro“ in Berlin bieten ausdrücklich auch mit der Institution Kirche weniger verbundenen Menschen an, zusammen mit Pfarrer:innen eine geeignete Form und einen Ort für Segensrituale zu finden, z.B. für die Einschulung des Kindes oder den Übergang in den Ruhestand. Viele Menschen verbinden mit dem Wunsch nach einem Segensritual die Bitte um göttlichen Schutz für die Zukunft. Segen hat nicht nur seinen Ort im Sonntagsgottesdienst und in den klassischen Kasualien. Es gibt eine Agende für eine Segnung beim Umzug in eine neue Wohnung, es gibt Scheidungsrituale oder einen Vorschlag für einen Segen für Trans*Menschen zu ihrer Transition. Katholische Christ:innen fragen ihre Kirche kritisch, warum sie zwar Feuerwehrautos segnet, nicht aber alle Paare, die standesamtlich getraut wurden.

Literatur:

  • Frettlöh, Magdalene L. (2005): Theologie des Segens. Biblische und dogmatische Wahrnehmungen, 5. Aufl. Gütersloh;
  • Kabel, Thomas (2011): Übungsbuch liturgische Präsenz. Inklusive DVD. 1. Aufl. Gütersloh; Kretzschel, Noah: Ein Segen für Trans*Menschen. Agende für eine Kasualie anlässlich einer Transition., abgerufen am 27.05.2021.
  • Leuenberger, Martin (Hg.) (2015): Segen. Tübingen (UTB, 4429);
  • Steffensky, Fulbert (1997): Segen. Die Grundgeste der jüdisch-christlichen Tradition. In: Gemeinsame Arbeitsstelle für Gottesdienstliche Fragen 28 (1997);
  • Steffensky, Fulbert (2003): Die Grundgeste des Glaubens – der Segen. In: Klara Butting (Hg.): Ein Segen sein : mitgesegnet mit Israel. Wittingen: EREV-RAV, S. 62–69;
  • Wagner-Rau, Ulrike (2008): Segensraum. Kasualpraxis in der modernen Gesellschaft. Zugl.: Kiel, Univ., Habil.-Schr., 1999. 2., völlig überarb. und erw. Aufl. Stuttgart: Kohlhammer;
  • Wagner-Rau, Ulrike (2009): Segen und Fluch. In: Ambivalenzen der Seelsorge. Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlagshaus, S. 59–70;
  • Wagner-Rau, Ulrike (2011): „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn“: Segen und Pfarrberuf. In: Deutsches Pfarrerblatt 111 (3), S. 129–134.

Links

Sascha Neff
Angela Opel

Zielgruppe: Pfarrer:innen
Leitung: Rektor PD Dr. Detlef Dieckmann
Referierende: Prof. Dr. Gregor Etzelmüller (Systematische Theologie, Osnabrück, angefragt), Dr. Angela Opel (Kunstgeschichte, München), Sascha Neff (Bewegungstrainer), Thomas Kabel (Liturgische Präsenz, Berlin), Dr. Ferenc Herzig (Praktische Theologie, Leipzig)

Gregor Etzelmüller
Ferenc Herzig

Eigenbeitrag für Einzelzimmer, Vollverpflegung (am Wochenende Halbpension) und Kurskosten incl. USt. und Bewegungseinheiten: 148,00 € für Teilnehmende aus den VELKD-Gliedkirchen, sonst 721,00 €.

Thomas Kabel

In der Pauschale ist je nach Verfügbarkeit die kostenlose Nutzung der Fahrräder, des WLAN-Netzes bzw. des Internets am PC in der Bibliothek enthalten.

Anmeldung

Wir überprüfen die Maßnahmen zum Infektionsschutz regelmäßig und melden uns so früh wie möglich direkt bei den Angemeldeten, falls es Änderungen bei Kursen gibt. Nach dem jetzigen Stand können wir für Vor-Ort-Kurse max. 16 Teilnehmende pro Kurs aufnehmen. Sie erhalten kurzfristig nach Ihrer Anmeldung Bescheid, ob Sie einen Platz erhalten. Sollten wir die Kurse wieder vergrößern oder gehen wir mit Kursen online, können Personen von der Warteliste nachrücken; insofern kann sich eine Anmeldung für die Warteliste lohnen.
Bitte melden Sie sich mit dem Online-Formular an und senden Sie zugleich eine Anmeldung auf dem Dienstweg ans Fortbildungsreferat Ihrer Landeskirche.
Die Stornokosten betragen 25,00 €, ab sechs Wochen vor Beginn des Kurses für Teilnehmende aus der VELKD 148,00 €, für alle anderen 288,40 €. Ab dem Kursbeginn wird der pauschale Eigenbeitrag von 148,00 € für Teilnehmende aus den VELKD-Gliedkirchen, für alle anderen 721,00 €, auch dann in Rechnung gestellt, wenn Teile des Programms nicht in Anspruch genommen werden. Muss der Kurs durch uns abgesagt werden, entstehen selbstverständlich keine Stornokosten.
Falls Sie früher an- oder später abreisen wollen, kostet eine Verlängerungsnacht im Einzelzimmer 45,00 €, im Doppelzimmer 75,00 € pro Nacht, jeweils ohne Verpflegung.
Etwa drei Wochen vor Beginn des Kurses senden wir Ihnen einen Informationsbrief zu.
Von der S-Bahnstation „Pullach i. Isartal Bahnhof“ gelangen Sie in ca. zehn Gehminuten zum Studienseminar in der Bischof-Meiser-Str. 6, wo wir Sie am Di., 8.3.22 ab 16 Uhr mit Tee, Kaffee und Kuchen im Kaminzimmer empfangen. Der Kurs beginnt um 18 Uhr mit der Begrüßung und dem Abendessen und endet am Do., 17.3.22 nach dem Frühstück um 9 Uhr, so dass Sie z.B. mit der S-Bahn um 9.27 Uhr den Heimweg antreten können. Sobald wir Ihnen einen Platz zusagen können, erhalten Sie die Möglichkeit, ein vergünstigtes DB-Ticket zu buchen.
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(Bild oben: pixabay / Oliver Sold / unsplash / Bundesarchiv)

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